Im Wald über dem Ägerisee in der Schweiz fällen schweigsame Männer Bäume, Kettensäge in der Hand und Zigarette im Mundwinkel. Die Äste werden abgeschnitten und dann rutschen die Stämme nacheinander in Richtung des eisigen Wassers. Dort werden sie zu einem riesigen, segelfertigen Floß aus Baumstämmen.


Corina Schwingruber Ilić und Thomas Horat werfen einen einfühlsamen Blick auf eine Wintertradition, die alle vier Jahre zelebriert wird, unangetastet vom Fortschritt. Sie haben einen kurzen Dokumentarfilm ohne Musik gedreht, in dem sich der Lärm der Kettensägen mit der tiefen Stille des Waldes abwechselt.


Sie filmen so nah wie möglich an stummen Männern, die sich ganz auf ihre gefährliche Aufgabe konzentrieren. Geduldige Holzfäller, deren unglaubliche Arbeit wir erst entdecken, wenn wir den Wald verlassen und in die Höhen über den Baumkronen aufsteigen.

Regie: Corina Schwingruber Ilić und Thomas Horat
Kameraführung: Luzius Wespe
Ton, Sound Design: Simon Graf, Oswald Schwander

Interview

Corina Schwingruber Ilić | 99.media
Thomas Horat | 99.media

Corina Schwingruber Ilić und Thomas Horat

Die Männer sprechen nicht sehr viel im Film.
Wir wollten auch absichtlich einen Film
mit viel Atmosphäre machen ohne lange Dialoge.
  • Können Sie sich kurz vorstellen?

     

Corina lebt und arbeitet in Luzern. Sie studierte 2004 – 2006 an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel und der Academy of Fine Arts Belgrad (Serbien).


Von 2006 – 2009 vervollständigte Corina Ihre Studien an der Luzerner Hochschule für Kunst und Design, Schwerpunkt Video. Sie arbeitet als Regisseurin, Kamerafrau und in der Montage. 2017 Mitbegründerin von PRO SHORT (Kurzfilm Verband Schweiz). Zusammen mit Nikola Ilić hat sie mehrere Kurzfilme realisiert: „JUST ANOTHER DAY IN EGYPT“ (2015) oder „KOD COŠKA“ (2013). Die Kurzfilme „BAGGERN“ (2011) und „INS HOLZ“ (2017) wurden zu Festival Hits.


„ALL INCLUSIVE“
war im Programm der Festivals in Venedig, Toronto und Sundance und gewann die Goldene Taube am DOK.Leipzig neben viele anderen Preisen.


Thomas lebt und arbeitet in Schwyz (Schweiz). Er ist Autodidakt, der 2003 nach diversen Praktika in der CH-Filmszene gleich zwei erfolgreiche Erstlingswerke veröffentlichte.


Die beiden Kino-Dokumentarfilme „Wätterschmöcker“ und „Alpsummer“ wurden erfolgreich in den Kinos gezeigt und gewannen an Festivals in den USA mehrere Preise. Nach diversen weiteren Arbeiten wurde der Kurzfilm „INS HOLZ“ an über 60 Festivals gezeigt und mehrfach ausgezeichnet. Heute arbeitet der Filmemacher als Regisseur, als Set Ton Mann, vermehrt auch als Filmverleiher und ab und zu als Produzent.

Ins Holz | 99.media
  • Wie kam es zu diesem Projekt? Was hat es mit dieser Schweizer Tradition auf sich und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?

     

Die Tradition mit dem Flössen findet alle vier Jahre ganz in der Nähe von Thomas‘ Wohnort Schwyz statt. Als Thomas vor vier Jahre die Fotos in der Zeitung sah, hat er zum ersten Mal an ein Filmprojekt gedacht. Im Frühling vor den Dreharbeiten hat er alle wichtigen Leute getroffen und den Dreh vorbereitet.


Es ist auch in der Schweiz der einzige Ort wo noch geflösst wird, daher ist es auch innerhalb der Schweiz etwas Exotisches.

  • Diese Männer scheinen sehr wortkarg zu sein. Haben Sie versucht, sie zum reden zu bringen? Was für eine Beziehung ist daraus entstanden?

     

Ja, die Männer sprechen nicht sehr viel im Film. Wir wollten auch absichtlich einen Film mit viel Atmosphäre machen ohne lange Dialoge.


Im richtigen Leben sind die Jungs etwas gesprächiger. Ich (Thomas) habe heute noch Kontakt mit den Forstarbeitern und wir treffen uns jährlich zu einem Fondue mit viel Knoblauch. Den Franz, den Chef der Gruppe, sehe ich öfter, weil er im gleichen Dorf wie ich wohnt.

Ins Holz | 99.media
  • Es ist ein Film mit sehr wenig Dialog und ohne Musik, in dem sich das Geräusch von Kettensägen mit der tiefen Stille des Waldes abwechselt.
    Können Sie uns mehr über die Klangdimension Ihrer Doku erzählen?
     

Wir haben sehr auf das Sound Design geachtet bei diesem Film. Wir wollten eine gute Balance finden zwischen Ruhe und Lärm. Die Idee, eine kleine Melodie mit den Kettensägen zu komponieren, mussten wir dann jedoch aufgeben. Kettensägen eignen sich überhaupt nicht dazu.

  • Lassen Sie uns über die Gefahr sprechen. Holzfäller sind erfahren, sie wissen, wie man sich um fallende Bäume herum bewegt, aber Sie nicht.
    Wie filmt man? Wo soll man stehen? Vor allem, wenn man die Szene durch einen Sucher und mit Kopfhörern auf den Ohren beobachtet.

     

Die grosse Herausforderung war das starke Gefälle im Gelände und die Steilheit, oft war es auch sehr eisig. Die Forstarbeiter haben uns genau gesagt, wo wir stehen dürfen und wie nahe wir gehen dürfen. Die Sicherheit war ein wichtiger Faktor. Wir waren sehr oft dort und konnten ähnliche Szenen mehrfach drehen, um am Schluss eine gute Auswahl treffen zu können.

Ins Holz | 99.media
  • Der Film kam sehr gut an auf Festivals in der ganzen Welt. Hat sie das überrascht? Was ist so universell an dieser Geschichte, die manche vielleicht für eine einfache lokale Tradition halten?
     

Ja, das war eine sehr schöne Überraschung mit der tollen Festival Auswertung. Die Premiere in Clermont-Ferrand hat sicher auch sehr viel dazu beigetragen. Ich denke es ist eine einfache und ehrliche Geschichte in die es sich gut eintauchen lässt. Es sind Bilder die man eigentlich nicht mehr sieht und es gibt den Überraschungsmoment mit dem Floss und der Luftaufnahme. Es ist super schön, wenn dann ein Film über eine kleine regionale Tradition in der ganzen Welt gezeigt wird.

  • Was sind Ihre Projekte? Woran arbeiten Sie gerade?
     

Corina ist in der Fertigstellung ihres ersten Langfilms mit dem Titel DIDA (Co-Regie mit Nikola Ilić) der im Frühling rauskommen soll und wartet darauf den nächsten Kurzfilm zu drehen BEEN THERE. Wegen der aktuellen Situation ist es leider noch nicht möglich.


Thomas arbeitet an einem Kurzfilm über eine Partisanin in Italien und hofft auch, im Frühling wieder drehen zu können. Auch ist ein weiterer Langfilm in Planung in dem er Co-Regie und die Tonaufnahmen macht.

  • Noch ein Wort zu 99 und der mehrsprachigen Untertitelung Ihres Films?
     
Wir sind sehr glücklich mit 99 zu kooperieren und ein Teil davon zu sein. Wir freuen uns auch, wenn die Untertitel Verwendung finden. Es ist toll, den Film in so vielen Sprachen zeigen zu können.

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